Kurt Märzhäuser
ANMMERKUNGEN ZU SEINEN OBJEKTEN UND SKULPTUREN
aus dem Zeitraum 2000 – 2002
Die künstlerische Arbeit Heini Linkshänders definiert sich aus dem Verhältnis des Menschen
zur Natur im Eingebundensein zu den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen
Ausformungen seiner Zeit, die sein Bewusstsein und seine Handlungsweisen entscheidend
bestimmen. Die damit einhergehende Entfremdung des Individuums zu den ihm
naturhaft gegebenen Grundlagen und Energien, die Leben ermöglichen und erhalten,
ist von Linkshänder in einem prozesshaften Werklauf, in dem Zeichnungen, Malereien,
Objekte, Installationen und Texte reflektierend miteinander korrespondieren, in einer beispielhaften
Konsequenz der Vorgehensweise essentiell herausgefiltert worden. Das künstlerische
Objekt nicht im Einklang zur »l’art pour l’art«, sondern inhaltlich verstanden als
Impulsgeber und Energieträger im Zirkelkreis von Intuition und Reflexion mit dem Rezipienten.
Ich habe diese Zusammenhänge in Heini Linkshänders Arbeit meinen Ausführungen
über seine neueren Objekte und Skulpturen vorangestellt, weil auch sie naturgemäß
unmittelbar mit ihnen als Basis in Verbindung gebracht werden müssen. In der jahrzehntelangen
künstlerischen Arbeit Linkshänders gibt es keinen Bruch, aus dem heraus ein Paradigmenwechsel
stattfand, sondern eine gewachsene Struktur aus Formen, Materialien und
Stoffen. Darüber hinaus scheint mir seine Position der Stellungnahme, sein Beharren auf
einem Standpunkt, in einer Zeit der »Events« und immer rascher wechselnden Ausdrucksformen
im Focus der Aufmerksamkeit mehr denn je von Bedeutung zu sein.
Fraglos geht es auch hier substantiell um Kunst und nicht um die bloße Visualisierung
theoretischer Vorgaben und Postulate. Die Betonung des Artefaktes als ästhetischer
Bedeutungsträger über die von mir beschriebenen inhaltlichen Vorgaben hinaus steht
außer Frage, denn Heini Linkshänder ist ein Künstler durch und durch. Er schafft und
schöpft aus einer tief empfundenen inneren Notwendigkeit heraus, die die notwendige
Energie freisetzt, ohne die sich singuläre, bleibende Werte nicht herausbilden lassen.
Dieser Blickpunkt auf den so genannten »artistischen Prozess« und, daraus ableitend,
das Artefakt vermittelt sich sehr deutlich in Heini Linkshänders Objekten und Skulpturen,
die in den letzten Jahren von ihm geschaffen wurden. Wobei hier zwischen Objekt und
Skulptur nicht scharf getrennt werden soll: Die Übergänge von einem zum anderen vermitteln
sich fließend. Auch in diesen Arbeiten sind die Stoffe, Holz und Kupfer bestimmend.
Einbezogen sind Eisen und Eisengüsse, wie auch Bronzegüsse, die den skulpturalen Aspekt
im Ensemble oder den Assemblierungen – wie immer es definiert wird – betonen. Auffallend
ist eine vermehrte Verwendung von Farben, mit denen das Holz gefasst wird.
Wobei nahezu ausschließlich Rot und Schwarz Verwendung finden. Rot für Energie, Wärme
und Liebe, Schwarz für Sinnlichkeit und Kraft – wie Heini Linkshänder die Farben inhaltlich
für sich definiert. Andererseits dienen Rot und Schwarz zur Akzentuierung der Formenelemente
im skulpturalen Prozess: zum Ausbalancieren der Kräfte und Formen ebenso wie zur
Unterstreichung der Dominanz eines einzelnen Formensegmentes. Als Holz verwendet
Linkshänder bevorzugt Eiche, die schon immer in seinem Fundus an Stoffen eine bedeutende
Rolle spielte, indem sie Dauer, Festigkeit und Widerstand gegen äußere Einflüsse assoziiert:
Ihre Elemente tragen die Patina der Zeit, ohne sich von ihr durchdringen zu lassen. In den
neuen skulpturalen Zyklen Heini Linkshänders taucht nach wie vor die Erscheinung des
Hauses auf. Für Linkshänder auch so etwas wie die dritte Haut des Menschen. Dem Haus,
unter dessen Dach er Kraft und Wärme speichern kann, um diese Energien nach
außen im Gegenspiel der Kräfte wirksam werden zu lassen – Energien auch transistorisch
als geistige Kraft verstanden. So versteht Linkshänder seine Verwendung von Kupfer als
Leiter von geistigen Energien in der Vermittlung von Mensch und Natur. Aber auch hier
vermittelt sich wieder eine Ambivalenz des Materials, das in der Korrespondenz mit den
anderen Formenelementen, vom Weichen zum Festen, vom Warmen zum Kalten, vom
Organischen zum Kristallinen, intuitiv erfasst und erlebt wird.
Auffallend ist eine zunehmende Tendenz Heini Linkshänders, vermehrt »Abfallmaterial« von
Holz o. ä. in seine Skulpturen einzubeziehen, indem er die Form dieser Fragmente in der
Möglichkeit ihrer Verwendung gewissermaßen »abklopft«, sie in ihrem Zustand belässt.
In Korrespondenz dazu kommen stringent geplante und vorskizzierte, komplizierte
Formensegmente zur Anwendung. Auch hier vermittelt sich die Intention Linkshänders,
Gegensätzliches zu verschmelzen. Die Holzfragmente aus Tischlereien lassen sich analog
zu den Steinen von Eskimos sehen, die diese oft wochenlang mit sich herumtragen, um das
Wesenhafte zu erfahren, ehe sie daran gehen, sie mit ihren Werkzeugen minimal zu bearbeiten.
Dagegen steht die von Menschen erfundene, zweckbestimmte Form, die positive
wie negative Kräfte gleichermaßen vermitteln kann: Artefakte des Menschen aus oder gegen
die Urkraft und Spiritualität der Natur.
Was sich auch neu in den jüngsten Objekten Linkshänders vermittelt, ist eine vermehrte
Hinwendung zum Figurativen. Es gibt Zyklen von seiner Hand, in denen die Kopfform
durchdekliniert wird, wie andere, die Tierformen evozieren. Dabei tendiert der Ausdruck
vom Erhabenen zum augenzwinkernd Humorvollen. Ein gewisser Bezugspunkt zu
Schwitters lässt sich nicht verleugnen, und es wäre einmal interessant, Linkshänders
gesamtes Oeuvre zu dem des Merzkünstlers in einen Bezug zu bringen. Eine eigene Serie
beschreiben auch Heini Linkshänders neuen Objekte, die in ihren Abstraktionen aus
figurativen Elementen und verschiedenen Stoffen und Materialien eine eigene Kosmologie
des Menschen beschreiben. Wo auf dem relativ eng bemessenen Raum einer Sockelplatte
regelrecht von ihm »inszeniert« wird. Es sind Assemblierungen, aber eigentlich auch
keine, wie es auch keine Skulpturen im eigentlichen definitorischen Sinne sind. Eben
doch skulpturale Inszenierungen, die sehr viel Raum für Erweiterungen und Neuerungen
geben. Was allen Arbeiten neben ihrem inhaltlichen intendierten Anspruch innewohnt,
ist eine ganz eigene Poesie. Darin einbezogen ist das »Hinterfragen einer Existenz, die es
ohne Geheimnisse nicht gibt«
Neustadt am Rübenberge 2002